Die einen sehen eine mutige Frau mit einem Pappschild, die anderen sehen eine Propagandistin, die nicht davor zurückschreckt Menschen ihr Leben zu zerstören.

Es gibt Menschen, die aktivistisch tätig sind, sich in Organisationen engagieren, auf Demonstrationen gehen. Und es gibt Menschen, die für ihre öffentliche Wahrnehmung politische Anspannungen aufgreifen um sie möglichst öffentlichkeitswirksam instrumentalisieren.
Karoline Preisler hat diese Form der Selbstdarstellung perfektioniert.
Die neoliberale FDP-Politikerin und Juristin wurde Deutschlandweit bekannt dafür, neben Demonstrationen zu stehen und ein beschriftetes Schild hochzuhalten. Zuerst wurde sie für ihren „Mut“ in der Coronakrise 2020 gelobt. Als sie sich, als selbst von Corona erkrankte Person, als lebendes Mahnmal neben Demonstrationen stand mit einer unmissverständlichen Botschaft: „Ich hatte Covid 19 und mache mir Sorgen um euch.“ [01]
Dieser Apell, an die von Verschwörungsgläubigen und Rechten gut besuchten Demos, haben die Pandemie zwar nicht beendet, aber Preisler mit Auftritten in einschlägigen Trash-TV Formaten wie Markus Lanz und Maischberger verschafft.[02]
Nach dem 7. Oktober 2023 war es für Karoline Preisler an der Zeit ihr Pappschild ein Upgrade zu verpassen und ihre Reputation, als Widerstandskämpferin des 21. Jahrhunderts zu nutzen, um ihre Unterstützung für ein rassistisches Regime offen zur Schau zu stellen. [03]
„Rape is not resistance“
Einige Stimmen sagen, dass es Karoline Preisler um die Verurteilung genderspezifischer und vor allem sexualisierter Gewalt ginge. Ich bezweifle das
Karoline Preisler stellt sich, wie im Zuge der Corona-Proteste, neben Demonstrationen und richtet einen Apell, an die Demonstrierenden, dass Vergewaltigung kein Widerstand sei. Es gibt kaum Menschen, vor allem Progressiven, die dieser These widersprechen würden, nun impliziert Preislers Schild, dass die Demonstrierenden genau das tun würden.
Sich mit diesem Statement neben den Demonstrationen zu positionieren impliziert, die Demonstrierenden würden sexualisierte Gewalt nicht verurteilen. Dies hat zufolge, dass jegliche Kritik an Preislers Auftreten verstanden wird als eine Billigung sexualisierter Gewalt. Eine unsägliche Strategie zur Verunmöglichung von Diskurs über den Inhalt der Proteste, die sich gegen die systematische Gewalt Israels gegen das palästinensische Volk richten. Die perfekte Propaganda für einen Staat, der systemische Gewalt gegen ein Volk praktiziert, für die deren Regierungsverantwortlichen mit einem internationalen Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshof gesucht werden. [04]
Während unbestritten ist, dass „Vergewaltigung kein Widerstand“ ist, setzt Karoline Preisler die von der UN bestätigten sexualisierten Gewalt als Waffe ein, um die Proteste gegen ethnische Säuberung und Genozid zu delegitimieren.
Wenn man versucht zu ermitteln, wie viele palästinensische Menschen seit dem 7. Oktober getötet wurden, findet man eine Zahl, die seit August 2024 nicht angepasst wurde: Über 40.000. Viele der Demonstrierenden wissen: Ein Verbrechen legitimiert nicht zahlreiche andere. Sexualisierte Gewalt legitimiert keinen Völkermord. [05]
Seitens regimetreuer Propagandist:innen wie Karoline Preisler ist es bewährte Praxis klarzustellen, dass die Verantwortung für den 7. Oktober, sowie eine kategorische Unterstützung der Hamas und jeder ihrer Handlungen in die Hände der palästinensischen Bevölkerung und ihrer Unterstützer:innen läge, wie zum Beispiel durch ihren Parteikollegen Tobias Huch, der in einem Artikel der jüdischen Allgemeinen schrieb: „Wenn es so etwas wie kollektive Verantwortung für Verbrechen gibt, dann trifft dies auf Gazas Bevölkerung zu. Das ist die bittere Wahrheit.“ [06]
Tobias Huch kürte Karoline Preisler und ihr Pappschild zur „Heldin von Berlin“ und versuchte sie in einem YouTube-Video vor Kritik zu schützen. [07]

In propagandistischer Juxtaposition stellte Huch Anfeindungen und Drohungen mit Kritik gleich, wie zum Beispiel ein Foto einer Frau, die ein Schild hochhielt mit einer Antwort and das Schild von Karoline Preisler: „Gangrape is not self defense.“
Wie viele andere Verbreiter:innen von proisraelischer Propaganda vertreten Huch und Preisler die Lüge, dass es sich beim Handeln des israelischen Regimes um Selbstverteidigung handele.
Das Schild spielt darauf an, dass Karoline Preisler damit konfrontiert wurde, dass das Regime für das sie sich stark macht systematisch sexualisierte Gewalt an palästinensischen Geiseln verübt.
Während sie zu diesem Thema Stellung bezog und dabei ein T-Shirt trug mit der Aufschrift „Bring them home“ sagte Karoline Preisler: „Selbst in diesem schrecklichen Unrecht der sexuellen Gewalt, die mutmaßlich ebend auch palästinensische Akteure erlitten haben, selbst da, ist Israel noch der menschlichere Akteur.“ [03]
Sie sagt damit aus, dass sexualisierte Gewalt zwar ein schreckliches Unrecht sei, aber eine Seite hierbei menschlicher sei.
Damit wollte Sie ausdrücken, dass die Gruppenvergewaltigungen in israelischen Gefängnissen geahndet werden würden, während die Quellensuche dieser Annahme ergibt, dass es unklar ist, ob es hier zu strafrechtlichen Konsequenzen kam und wie schwer Strafen ausgefallen sein, während das israelische Regime, die Ermittlungen gen israelische Soldaten erschwerte und Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass das oberste Gericht Israels häufig zugunsten der Armee entscheidet und Misshandlungsfälle selten vor zivilen Gerichten behandelt werden. [08]
Es ist wie ein Reflex, selbst angesichts Verbrechen, die man selbst vorgibt zu verurteilen, Israel als ein Licht in der Dunkelheit zu proklamieren. Denn ansonsten wäre die Selbstdarstellung der letzten Jahre schließlich zerstört und der Propaganda-Schachzug, einer Bevölkerung kollektiv die Billigung sexualisierter Gewalt vorzuwerfen, ineffektiv.
Das darf nicht sein. Daher greift Huch zu dem gängigsten Mittel der israelischen Propagandamaschinerie: Die Kritiker*innen sind Antisemiten. Ohne zweifel, Judenhasser. Ein Mittel zu dem Tobias Huch regelmäßig greift, um auch seine eigenen Kritiker*innen zu delegitimieren, sodass in einem Meme-Mikrokosmos auf X von „Huch bezogenem Antisemitismus“ die Rede ist.
Die Retouré für die regimetreue Propaganda der Preislers und Huchs ist erfrischend keck und zeigt unübersehbare Kontraste zwischen den Parteien die sich in diesem Konflikt weltweit geegenüberstehen.
Auf der einen Seite pro-kapitalistische, alte Menschen, die sich in Widersprüchen zerstritten, die angeblich für liberale Werte einstehen, während sie Menschenrechtsverletzungen billigen und es sich in der staatlichen Gewalt des bürgerlichen Systems bequem machen. Und auf der anderen Seite junge Menschen, mit Klassenbewusstsein, die unapologetisch für ihre Werte auf die Straße gehen und sich der Gewalt des bürgerlichen Systems stellen.
Und Karoline Preisler nutzt die Gewalt dieses Systems wie keine Zweite.
Mir ist unbegreiflich, wie Menschen in Preisler eine mutige Frau sehen können, die sich mit ihrem Pappschild einer potentiellen Gefahr aussetzen würde. Denn alles was ich sehe, ist eine alte weiße Frau, die konstant von Polizist*innen in Vollmontur begleitet wird, die sie wie Schild und Morgenstern vor sich hinträgt, um die friedlich demonstrierenden Menschen einzuschüchtern und sich selbst einen Opfermythos für ihre Spiegel-TV Reportage aufzubauen: Eine gegen alle – Wie Karoline Preisler gegen Israel-Hasser protestiert. [09]
So inszeniert Spiegel TV die Propagandistin, die sich nicht nur dabei filmen lässt, wie sie mehrfach auf und ab läuft, bis die gewünschten Szenen provoziert wurden, sondern auch wie sie behauptet es gäbe neben Sprechchören wie „Fuck you, Fuck you, Karoline“ keine Sachkritik, während Menschen auf die gleiche Art wie Preisler, Kritik an ihr, in die Kamera halten – mit Schildern: „Prison Rape By Zionist Is Staatsräson!“ und „If you don’t believe Palestinian women as much as other women you’re just a white racist supremacist.“
Preisler scheint das egal zu sein. Solange die Spiegel-TV Erzählstimme aus dem Off sagt, dass konstruktiver Dialog nicht möglich sei, dann wird das wohl auch so sein. Auch wenn die Bilder etwas anderes sagen.
Für mich bleibt bei dieser Gleichung rätselhaft wie konstruktiv Doxxing für den konstruktiven Diskurs sein soll.
Denn es finden sich auf X Postings von Karoline Preisler und ihren Fans, die unzensierte Fotos von Privatpersonen zeigen, die propalästinensische Proteste frequentieren. Preisler und ihre Fans bringen diese Personen dann mit Accounts auf X in Verbindung, um für andere regimetreue Personen und natürlich für die Strafverfolgungsbehörden nachvollziehbar zu machen, wer hinter diesen Accounts steckt, um ihnen ggf. das Leben zu ruinieren.
Denn zwar dürfte dieses Vorgehen unter Doxxing fallen, also das Sammeln und Veröffentlichen privater Daten zur Gefährdung der entsprechenden Personen und somit sogar im bürgerlichen Recht straftbar sein (§ 126a Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten), für die Behörden dürfte dies aber lediglich ein Detail sein, über das sie sicher hinweg sehen werden.
Denn wie im Artikel über Francesca Albanese und das UN-sagbare nachzulesen, soll die bundesrepublikanische Rechtstaatlichkeit an die IHRA-Definition für Antisemitismus angepasst werden, wodurch Politik und Behörden versuchen Palästinasolidarität strafbar zu machen. [10]
Preisler ist also keine mutige Frau, die für die Freiheit auf die Straße geht. Sie ist eine Propagandistin, die sich daran beteiligt, dass Menschen ihre Freiheit verlieren, die einen Genozid als das benennen was er ist. Damit macht sich Preisler zur Handlangerin eines faschistischen Regimes und hat Blut an ihren Händen.